Menschenhandel zum Zweck sexueller Ausbeutung in Deutschland
1. Einleitung
Unter dem Begriff des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (im Folgenden meist abgekürzt mit „Menschenhandel“) werden unterschiedliche Phänomene subsumiert. Huland (2012) verweist auf die unterschiedliche Verwendung des Begriffs u.a. im jeweiligen Kontext der organisierten Kriminalität und des Prostitutionsverbots. Zudem wird Menschenhandel meist mit einem grenzüberschreitenden Geschehen assoziiert, wobei ausgeblendet wird, das es sich auch um ein Delikt ohne Auslandsbezug handeln kann.
Nachfolgend wird Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung verstanden als das Erzwingen von sexuellen Handlungen zur Gewinnerzielung unter Ausnutzung der Opfersituation (auch bspw. für die Herstellung pornographischer Medien1).
Die Definition orientiert sich an § 232 StGB, der in Deutschland den Straftatbestand zum Menschenhandel regelt. Unter Strafe steht, wer eine andere Person zur Aufnahme oder Fortführung der Prostitution oder zu anderen sexuellen ausbeuterischen Handlungen bringt. Auch der Transport, die Weitergabe, Überwachung und Aufnahme sind strafbar. Die beschriebene Tathandlung muss in Zusammenhang mit der Ausnutzung einer Zwangslage oder einer auslandsspezifischen Hilfslosigkeit des Opfers stehen. Ein Mensch befindet sich in einer Zwangslage, wenn ihn seine Lebensumstände in persönliche oder wirtschaftliche Bedrängnis bringen. Die Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten sind auf dieser Grundlage eingeschränkt, zudem wird seine Widerstandsfähigkeit geringer (Pfuhl 2012). Die Zwangslage kann objektiv sichtbar sein, so z.B. in Form von existenzgefährdender Armut oder der Angst vor Enthüllung der Prostitutionsausübung, aber auch subjektiv bestehen, wie beispielsweise durch religiöse Rituale oder die Abhängigkeit vom Täter2 (Greuel/Petermann 2015, S. 230f., Pfuhl 2013). Die auslandsspezifische Hilflosigkeit bezieht sich auf den Aufenthalt des Opfers in einem fremden Land, woraus ebenfalls Handlungseinschränkungen resultieren. Diese können beispielsweise durch mangelnde Deutschkenntnisse, ungültige Ausweispapiere oder fehlende soziale Kontakte entstehen (Rabe 2013, S. 16). Besondere Tathandlungen des in eine entsprechende Lage Bringens stellen die Gewaltdrohung und -anwendung, die Drohung mit einem empfindlichen Übel, die List oder das sich Bemächtigen des Opfers dar. Diese sind in §232, Abs. 4 StGB separat aufgeführt und gelten sowohl bei der Anwendung während der Anwerbung als auch während des Ausbeutungsverhältnisses als strafschärfend.
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