Lieferketten ohne Transparenz
Das neue Lieferkettengesetz soll helfen, Missstände bei Zulieferern deutscher Unternehmen zu vermeiden. Doch eine Studie zeigt: Nur wenige Unternehmen informieren sich umfassend über ihre Lieferanten.
Seit dem 1. Januar ist das erste deutsche Lieferkettengesetz in Kraft – genauer gesagt: das “Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz”, so hat es der Bundestag genannt. Denn es verpflichtet große Unternehmen, bestimmte Maßnahmen bei sich und ihren Lieferanten zu ergreifen, deren Erfüllung als sorgfältiger Umgang mit den Rechten von Menschen und Umwelt gilt. Regelmäßige Risikoanalysen aller direkten Zulieferer, die Einrichtung von Beschwerdemöglichkeiten sowie Präventivmaßnahmen zum Schutz von Mensch und Umwelt etwa zählen dazu.
Eine Studie zur Umsetzung des Gesetzes in deutschen Unternehmen, die rbb24 Recherche exklusiv vorliegt, zeigt jedoch, dass sich die meisten Unternehmen noch nicht gut aufgestellt fühlen. Obwohl das Gesetz seit Jahresbeginn in Kraft ist, gaben nur etwa vier Prozent der befragten Unternehmen an, dass sie auf der organisatorischen Ebene sehr gut darauf vorbereitet seien, 70 Prozent dagegen sehen sich mittelmäßig bis sehr schlecht aufgestellt.
Studie deckt Rückstände auf
Durchgeführt haben die Studie der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) und das Risikomanagement-Unternehmen Integrity Next. Zum BME zählen fast 10.000 Mitglieder aus allen Branchen, darunter alle 40 DAX-Konzerne. Knapp 250 Mitgliedsunternehmen haben sich an der Umfrage beteiligt, vom Kleinunternehmen bis zum Konzern mit mehr als 50.000 Mitarbeitern. Angesichts der Studienergebnisse urteilt die Hauptgeschäftsführerin des BME, Helena Melnikov:
Es ist höchste Zeit für die deutsche Wirtschaft zu handeln und die Einhaltung von Standards bei sozialen Rahmenbedingungen und Umweltaspekten entlang der globalen Wertschöpfungsketten proaktiv anzugehen. Dazu müssten sie sich aber zunächst mit zentralen Themen wie Lieferanten-Monitoring und Risikomanagement auseinandersetzen.
Zwar fallen gegenwärtig nicht alle der befragten Unternehmen unter das Gesetz: Es gilt vorerst nur für Unternehmen ab 3000 Mitarbeitern. Ab dem 1.Januar 2024 ist es dann aber auch für Firmen mit mindestens 1000 Mitarbeitenden verbindlich. Doch die Tendenz, die sich in der Studie abzeichnet, ist eindeutig.