Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung und schwere Arbeitsausbeutung von Frauen
Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung und schwere Arbeitsausbeutung sind vielschichtig wirkende Probleme, die Menschen auf unterschiedliche Weise betreffen können. Für eine vertiefende Auseinandersetzung mit diesen beiden extremen Formen der Arbeitsausbeutung ist daher eine differenzierte Analyse notwendig, die auch Strukturkategorien wie beispielsweise Geschlecht berücksichtigt. Denn Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung und schwere Arbeitsausbeutung sind keine geschlechterneutralen Phänomene. Sie müssen vor dem Hintergrund von geschlechtsspezifischen Formen der Ungleichheit, Gewalt und Migration sowie Segregationen auf dem
Arbeitsmarkt und traditionellen Rollenzuschreibungen betrachtet werden. Neben dem Geschlecht sind auch weitere Kategorien wie Nationalität, Bildung und soziale Herkunft bedeutsam. Diese kurze Ausführung verdeutlicht bereits die komplexen Anforderungen, die an eine Untersuchung der verschiedenen Formen von Arbeitsausbeutung gestellt werden. Hinzu kommt, dass es nicht immer leicht ist, Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung und schwere Arbeitsausbeutung voneinander abzugrenzen, da sie zum Teil ineinander übergehen und Entwicklungsstufen ein und desselben Prozesses sein können.
Darüber hinaus ähneln sich die Arbeitsverhältnisse in vielen Fällen. Zu nennen sind unverhältnismäßig geringe bzw. keine Lohnzahlungen, ungeregelte Arbeits- und Urlaubszeiten sowie das Fehlen eines Kündigungsschutzes. Der analytische Schwerpunkt einer Untersuchung sollte daher sowohl auf schweren ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen an der Schwelle zu Menschenhandel als auch auf jenen Arbeitsverhältnissen liegen, die diese Schwelle überschritten haben. So kann verhindert werden, dass praxisferne und starre definitorische Abgrenzungen das Blickfeld zu sehr einengen.
Eine Betrachtung der öffentlich geführten Diskussionen etwa in den Medien verdeutlicht, dass es bislang an differenzierten Auseinandersetzungen mangelt. Menschenhandel wird oftmals ausschließlich mit der sexuellen Ausbeutung in Verbindung gebracht oder mit Frauenhandel und „Zwangsprostitution“ gleichgesetzt. Wird das Thema schwere Arbeitsausbeutung behandelt, stehen im Mittelpunkt der Berichterstattung zumeist Branchen, in denen vornehmlich Männer von Ausbeutung betroffen sind, wie das Baugewerbe, die fleischverarbeitende Industrie oder die Logistikbranche. Die Betroffenheit von Frauen wird in diesem Zusammenhang seltener thematisiert. Rückmeldungen von Fachberatungsstellen für Betroffene von Menschenhandel in Deutschland lassen jedoch die Annahme zu, dass Zuordnungen wie diese zu eng sind und Geschlechterstereotype beinhalten. Es erscheint daher wichtig, einen geschlechterdifferenzierten Ansatz zu verfolgen. So kann vermieden werden, dass Stereotypisierungen wie Frauen = Betroffene von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und Männer = Betroffene von Arbeitsausbeutung reproduziert und verstetigt sowie Betroffene übersehen werden, die sich nicht in diese Matrix einordnen lassen.
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